Historische Schreibweisen von Küsnacht

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Stabilität der Schreibweisen

Es ist allgemein zu beobachten, dass die Schreibweisen von geografischen Namen bis Anfangs des 20. Jh. ziemlich instabil waren, so z.B. auch der Name der Gemeinde resp. des Ortes Küsnacht. Die Bevölkerung interessiert sich bezüglich der Deutung der Namen wie teilweise auch über Hinweise, welche zu Änderungen der Schreibweise führte. Dazu dienen Namenbücher. Beim Ortsnamen Küsnacht vermittelt das Zürcher Siedlungsnamenbuch einen wertvollen Einblick. Im Küsnachter Jahrheft 1979 «Die Orts- Flur- und Gewässernamen von Küsnacht» wird die spannende Geschichte über die Hintergründe der Schreibweise von Küsnacht sogar noch detaillierter dokumentiert und interpretiert. Ein paar dieser Hinweise aus diesem Jahrheft werden untenstehend auszugsweise zitiert:

  • 1188 Chussennacho
  • 1238 Kussenach
  • 1252 Chússenacho
  • 1257 Chussenach
  • 1268 Kussinah
  • 1284 Kússnach
  • 1290 Kusnach
  • 1307, 1357 Kússenach
  • 1313 Chúsnach
  • 1321/22 Kúsnach
  • 1416 Kúffnach
  • 1418/19 Kúsnacht
Es gibt in der deutschen Sprache eine ganze Reihe von Wörtern, denen im Laufe der Jahrhunderte ein Auslaut-t angefügt wurde: Das mittelhochdeutsche obes wurde zu hochsprachlichem Obst, babes zu Papst umgeformt; Familiennamen wie Brunner und Becker wurden zu Brunnert und Beckert erweitert. Das dabei zutage tretende Bedürfnis, einem Wort, einem Namen mehr Körper zu verleihen, mehr Konturen zu geben, mag auch in der Entwicklung von Küsnach zu Küsnacht latent mit im Spiele sein; hinzu kommt noch das volksetymologische Moment, der im Volk stets lebendige Wunsch, unerklärlich scheinendes Wortgut zu deuten.
  • 1533 Kúßnacht
danach waren parallel die zwei unterschiedlichen Schreibweisen Küsnach und Küsnacht gebräuchlich.
  • 1851 Küsnacht
In den Protokollen über die Verhandlungen des Küsnachter Gemeinderates hat die Schreibweise Küßnacht vor Küsnacht bis 1851 eindeutig den Vorrang; neben diesen sich konkurrenzierenden Formen kommt auch die Variante Küsnach gelegentlich vor. Der verbindliche Charakter jenes 1851 erlassenen Gesetzes hatte zur Folge, dass die alte und beliebte Schreibform mit Scharf-s schon vom folgenden Jahre an mit einem Schlage aus den Protokollen und Korrespondenzen unserer Gemeinde verschwand. Trotz dieser so durchgreifenden und erfolgreichen Regelung schienen jedoch unserer Zürcher Regierung die Probleme der Ortsnamen-Orthographie noch immer nicht endgültig gelöst zu sein. Im Jahre 1882 erteilte jedenfalls der Zürcher Regierungsrat zwei namhaften Wissenschaftern, Dr. Friedrich Staub, Redaktor am Schweizerdeutschen Wörterbuch, und Dr. Paul Schweizer, Staatsarchivar, den Auftrag, über die noch hängigen Fragen ein Gutachten auszuarbeiten. In ihrer auch heute noch höchst lesenswerten Studie, betitelt «Die Namen der politischen und der Civilgemeinden des Kantons Zürich», gaben die beiden Experten unter anderem die Empfehlung ab, unseren Gemeindenamen mit einem s und mit Schluss-t zu schreiben.
  • 1891 Zur Diskussion Küsnach/Küsnacht, definitiver Entscheid der Gemeinde Küsnacht
In der ersten Ausgabe vom 3. Januar 1891 des «Wochenblattes des Bezirkes Meilen» (des Vorläufers der «Zürichsee-Zeitung») veröffentlichte ein seine Identität hinter der Majuskel F. verbergender Einsender ein ausführliches, geschickt abgefasstes Plädoyer zugunsten der Schreibweise Küsnach. Der wohlgerüstete Streiter für die Form Küsnach vermochte sein Postulat nicht nur mit einem reichen historischen Belegmaterial zu untermauern, sondern wusste ausserdem mit einer neuen Deutung unseres Ortsnamens durch Dr. Bruppacher in Riesbach aufzuwarten, die Küsnacht als aha (Bach) des Cuoso oder (halbwegs richtig) des Kuso erklärte; er pries ferner die grössere Kürze der Schreibart Küsnach und wies endlich auch auf die damalige Unsicherheit in der Schreibung unseres Dorfnamens hin: Pfarramt und Gemeinderatskanzlei, führte er aus, schrieben Küsnacht, das Notariat dagegen halte sich an die 1839 vom Zürcher Obergericht erlassene Weisung, unsere Gemeinde Küsnach zu nennen, während die Postverwaltung in ihrem Ortsstempel sich die im 16. bis 18. Jahrhundert beliebte Variante Küßnacht zu eigen gemacht habe; es sei Zeit, so schloss der Einsender, dass die Küsnachter der langen Ungewissheit ein Ende machten und sich «zu einer einheitlichen Schreibweise unsers schönen lieben Heimatortes» durchrängen.
Im Frühjahr 1891 reichte «eine Anzahl Einwohner» beim Gemeinderat eine «Motion betr. Schreibweise unseres Ortsnamens» ein. Die «Schreibweise unsers Ortsnamens» stand auf der Traktandenliste der Küsnachter Gemeindeversammlung vom 31. Mai 1891. Der Gemeinderat selbst war sich in dieser Frage durchaus nicht einig, was wir wohl als Ausdruck der starken Gegensätzlichkeit der Standpunkte auch unter den Küsnachter Stimmberechtigten werten dürfen. Seltsames, für heutige Begriffe verwirrliches Schauspiel: Vier Gemeinderäte beantragten Festhalten an der jüngst vereinbarten behördlichen Regelung Küsnach; drei Mitglieder des Gemeinderates plädierten für Rückkehr zur Schreibung mit Schluss-t, und ein Gemeinderat stellte den Antrag auf Gewährung voller Freiheit in der Schreibung unseres Dorfnamens. In der Abstimmung drang der Antrag auf Obligatorischerklärung der Schreibweise Küsnacht durch, mit dem Zusatz, dass auch die Postdirektion und das Notariat zur Respektierung des eben gefassten Beschlusses anzuhalten seien. Die Opposition hatte damit den Sieg davongetragen; die «Stimme des Volkes» - so lässt sich vielleicht der Ausgang jener Abstimmung interpretieren - hatte der etwas gelehrt-antiquarisch-unvertraut klingenden Alternative Küsnach unbarmherzig das Lebenslicht ausgelöscht.
  • 1903 Küsnacht abgesegnet durch Bundesrat
Es war nun aber just unser Ortsname, der jene über das fernere Schicksal unseres Gemeindenamens beratende Kommission zu einem grundsätzlichen Entscheid zwang. Das unausweichliche Dilemma, ob der historisch ursprünglicheren Form Küsnach oder der zwar neueren, gebräuchlicheren, doch etymologisch anfechtbaren Variante Küsnacht der Vorrang zu gewähren sei, veranlasste den damaligen Direktor der eidgenössischen Landestopographie, Dr. Leonz Held, als Mitglied der Kommission zu folgendem Antrag: «Die Kommission stützt sich in ihren Entscheiden über Schreibweisen von Ortsnamen nicht auf historische und sprachliche Untersuchungen, sondern sie erklärt sich aus praktischen Gründen für diejenige Schreibweise, welche zu möglichst wenigen Änderungen im bisherigen Gebrauch der Verwaltung von Post und Eisenbahn führt.» Dieser Antrag wurde gutgeheissen, und man entschied sich für die Schreibung Küsnacht mit folgender Begründung: «Da die Post- und Eisenbahnverwaltung schon bis jetzt Küsnacht geschrieben haben, so wird aus praktischen Gründen, damit diese beiden Verwaltungen keine Änderungen vorzunehmen haben, und in Übereinstimmung mit der dortigen Bevölkerung die Schreibweise Küsnacht angenommen, obwohl Küsnach, da es von Chussenacho herstammt, einzig richtig wäre.» Dieser· pragmatisch-weise Entscheid muss auch den Bundesrat überzeugt haben. Schon im folgenden Jahr, 1903, erschien aufgrund des Beschlusses der obersten Landesbehörde vom 15. August 1902 eine Broschüre mit dem Titel «Die obligatorische Schreibweise der Namen der schweizerischen politischen Gemeinden für die Bundesverwaltung».


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