Weisungen 1948
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Landeskarte mit typischen Schreibungen der Lokalnamen nach Weisungen 1948 resp. Weisungen 2011
Weisungen 1948 steht als Abkürzung für Weisungen für die Erhebung und Schreibweise der Lokalnamen bei Grundbuchvermessungen in der deutschsprachigen Schweiz
Schreibregeln für Lokalnamen in der deutschsprachigen Schweiz:
1948 - 2011 | Weisungen 1948 (Download hier) |
Ab 2011 | Weisungen 2011 (identische Schreibregeln wie Weisungen 1948) |
Weisungen 1948
- Download Weisungen 1948
- Bei den Weisungen 1948 handelt es sich um Weisungen betreffend die Erhebung und Schreibweise der Lokalnamen (Orts- und Flurnamen) bei Grundbuchvermessungen in der deutschsprachigen Schweiz. Sie galten von 1948 bis 2011 und sind praktisch unverändert durch die seit 1. August 2011 gültigen Weisungen 2011 ersetzt worden.
- Das Eidgenössische Justiz- und Polizeitdepartement hatte am 27. Oktober 1948 gestützt auf Art. 4 des Bundesratsbeschlusses vom 22.2.1938 diese Regeln erlassen.
- Auch heute noch bilden die Schreibweisen nach Weisungen 1948 resp. Weisungen 2011 einen sinnvollen Kompromiss zwischen den Anliegen der Benutzer von Karten und Plänen und der Namenforschung vgl. hier.
Die Benutzer von Lokalnamen als Geoinformation konnten bewirken, dass die Regeln für die Schreibweise von Lokalnamen Weisungen 1948 nicht in Regeln für lautnahe Mundartschreibung verändert wurden, sondern als Weisungen 2011 erhalten geblieben sind. |
Grundsätze zur Schreibung geografischer Namen
Grundsätze zur Schreibung geografischer Namen vgl. hierr
Grundsätze der Weisungen 1948
Überblick
Im Internet Lehrgang GITTA sind die Grundsätze zur Schreibung von geografischen Namen als Zusammenfassung der Weisungen 1948 in vereinfachter Form publiziert. Bemerkenswert in diesem Dokument ist die Bemerkung:
Diese Regelungen wurden im Rahmen einer grössern Kommission ausgearbeitet, welche sich hauptsächlich aus Linguisten zusammensetzte. Unmittelbar nach dem zweiten Weltkrieg herrschte eine deutliche Tendenz in Richtung auf vermehrt mundartliche Formen vor. Seither hat sich die Meinung auch in Sprachlerkreisen wieder etwas geändert. Es wird heute vermehrt auf eine schriftsprachliche Form gedrungen, vor allem in extremen Fällen, wie
- Underhohfu statt Unterhochfeld
- Aabedberg statt Abendberg
Mit Ausnahme solcher extremer Formulierungen, die von kantonalen Nomenklaturkommissionen gelegentlich vorgeschlagen wurden, hat sich die mundartliche Schreibweise allgemein bewährt und durchgesetzt. Trotzdem führt die Schreibweise immer wieder zu Kontroversen, wie kaum ein anderes Element der topographischen Karte.
Art. 7 und Anhang zu Art. 7
Die Weisungen 1948 bestehen aus 14 Artikeln sowie dem Anhang zu Artikel 7 Grundsätze und Regeln für die Schreibung von Namen geringer und lokaler Bedeutung, für welche nach Artikel 4 und 5 der Weisungen keine besondere Regelung festgesetzt ist.
Kernaussage Art. 7: Die Schreibung der Namen von geringer, lokaler Bedeutung, für die nach Artikel 4 und 5 keine besondere Regelung vorgesehen ist, erfolgt in Anlehnung an die ortsübliche Aussprache «nach den im Anhang zu diesen Weisungen enthaltenen Grundsätzen und Schreibregeln.»
Bei den Schreibregeln im Anhang zu Art. 7 handelt es sich nicht um irgendeine Möglichkeit, wie Mundart im Allgemeinen geschrieben werden kann, sondern um eine Voraussetzung, um geografische Namen geringer, lokaler Bedeutung mit den speziellen Anforderungen betreffend dem besonderen Zweck der Orientierung und Verständigung überhaupt mundartlich zu schreiben (insbesondere einfach schreib- und lesbar sowie mit allgemeiner Akzeptanz). Im Anhang zu Artikel 7 handelt es sich um eine Normalisierung, welche Rücksicht auf das gewohnte und vertraute Schriftbild der traditionellen, vielfach schriftsprachlich ausgerichteten Schreibweise von geografischen Namen nimmt. Dieser Umstand ist auch in Art. 4 Abs. 2 der Verordnung über geografische Namen (GeoNV) gemeint: Geografische Namen werden, soweit möglich und sinnvoll, in Anlehnung an die Standardsprache (Schriftsprache) der Sprachregion formuliert.
Stummes -n
Die Weisungen 1948 sehen vor, das stumme, nicht gesprochene -n (Sonderlaut Schwa als Laut zwischen -e und -ä wie z.B. Boden) auch in mundartlichen Namen in der Regel zu schreiben und haben damit kontroverse Diskussionen ausgelöst, da in allgemeinen Mundarttexten dieses nicht gesprochene -n gewöhnlich nicht geschrieben wird.
Diese Schreibregel beruht darauf, dass es sich bei der Mundartschreibung nach Weisungen 1948 nicht um eine Mundartschreibung z.B. für Kinderbücher, Lieder und Gedichte handelt, sondern um eine Schreibung für geografische Namen in Karten und Plänen, welche der Orientierung dienen und isoliert im Umfeld von traditionell geschriebenen, schriftsprachlich ausgerichteten Namen erscheinen. Um diesen Umstand Rechnung zu tragen, kamen 1948 namhafte Sprachwissenschaftler zur Einsicht, dieses nicht gesprochene -n in Abwägung aller Vor- und Nachteile in Anlehnung an das gewohnte und vertraute Schriftbild der traditionellen Schreibweise zu belassen ist. Vorteile dieser Entscheidung:
- einfache Schreib- und Lesbarkeit: man muss sich bei geografischen Namen nicht überlegen, ob ein Name nur lokale Bedeutung hat (und dann nicht geschrieben wird) oder eine regionale Bedeutung (und dann geschrieben wird)
- Vermeidung der Änderungen von sehr vielen Lokalnamen: da in der Deutschsprachigen Schweiz ca. 40% aller geografischen Namen als Schreibtradition dieses -n enthalten, hätte eine Änderung dieser Schreibtradition bewirkt, dass sehr viele Namen hätten geändert werden müssen.
- Allgemein und insbesondere bei Gebäudeadressen und Stationsnamen wird die Schreibweise des -n erwartet. Schreibt man das -n in mundartlichen Lokalnamen nicht, so resultieren unterschiedliche Schreibweisen für ein und dieselbe Örtlichkeit.
- Der Unterschied zwischen traditionell (hauptsächlich schriftsprachlich) und mundartlich (nach Weisungen 1948) ausgerichteten Namen wird kleiner und ausgewogener. Auch Lokalnamen mit nur lokaler Bedeutung behalten eine Schreibform, welche ihnen Bedeutung, Ansehen und Identität verleiht. Dies wird von der Bevölkerung vor allem bei Siedlungsnamen geschätzt und trägt dazu bei, dass Lokalnamen unverändert in anderen Namen weiterleben können.
Nachteile dieser Entscheidung:
- In Namenbücher, wo man Lokalnamen möglichst lautgetreu schreiben möchte, wirkt das geschriebene -n z.T. störend, auch wenn die Notation mit weglassen des -n ebenfalls mangelhaft ist, da eine wirklich lautnahe Schreibweise zur Abbildung höchstens mit diakritischen Sonderzeichen überhaupt realisierbar ist.
Weitere Infos zum stummen -n vgl. hier.
Gültigkeit und Anwendungen der Weisungen 1948
Die Weisungen 1948 waren bis 1. August 2011 gültig und anwendbar. Mit Kreisschreiben vom 6.6.2007 wurden die Kantone vom Bundesamt für Landestopografie gebeten, bis zum Vorliegen revidierten Weisungen 2011 keine Änderungen an der Nomenklatur vorzunehmen. Bei neu anstehenden Arbeiten sind wie bisher die Weisungen 1948 anzuwenden.
Grundsätzlich haben die Kantone, welche die Weisungen 1948 anwenden, gute Erfahrungen gemacht. Allerdings schoss man in den Jahren von 1948 bis ca. 1970 z.T. über das Ziel hinaus. Es wurde nicht beachtet, dass alle Lokalnamen eine Tradition und einen festen Sprachgebrauch haben, welcher sich nicht einfach ändert, wenn auf einer Karte die Schreibweise ändert. So mussten in verschiedenen Fällen die Schreibweisen wieder zurück geändert werden, da es sich um Namen mit einer grösseren als nur lokaler Bedeutung handelte. Bei verschiedenen Lokalnamen konnte sich eine neue Schreibweise auch nach über 50 Jahren nicht durchsetzen. Eines der wichtigsten Anforderungen für Lokalnamen ist heute, dass deren Schreibweise nur geändert wird, falls ein öffentliches Interesse geltend gemacht werden kann, vgl. Art. 4 Abs. 3 Verordnung über geografische Namen (GeoNV).
Rückänderungen der Schreibweise von Lokalnamen vgl. hier
Die Weisungen 1948 sind nicht mehr gültig, sobald diese durch Weisungen 2011 abgelöst werden.
Vorgeschichte der Weisungen 1948
Überblick
Hintergründe zur Entstehung der Weisungen 1948 vgl. hier
1938 Bundesratsbeschluss über die Schreibweise der Lokalnamen bei Grundbuchvermessungen
EJPD konnte sich nicht entschliessen, Saladins Vorschläge in Kraft treten zu lassen, das sie im Widerspruch mit den Verfügungen des Eidgen. Militärdepartementes (für die Landeskarte). Bundesratsbeschluss erkennt Notwendigkeit und Dringlichkeit einheitlicher Richtlinien «Die Kantone erlassen auf Grund vom EJPD festgesetzte Grundsätze die näheren Vorschriften über die Erhebung und Schreibweise der Lokalnamen. Diese Vorschriften bedürfen der Genehmigung des EJPD»
Bundesratsbeschluss 22.2.1938 über die Schreibweise der Lokalnamen bei Grundbuchvermessungen
1945 Eduard Imhof, «Die Ortsnamen in den amtlichen Plänen und Katen»
Eduard Imhof: Sonderabdruck aus der «Schweizerischen Zeitschrift für Vermessungswesen und Kulturtechnik». Hefte 5, 6, 7, 8 und 9, Jahrgang 1945
«Wir suchen in all den bisherigen eidgen. Beschlüssen, Verordnungen und Instruktionen umsonst nach irgendeiner Entscheidung über die Frage, ob die Ortsnamen in den Plänen der Grundbuchvermessung mundartlich oder schriftsprachlich, oder teils so und teils anders, einzutragen seien.» Die amtlichen Pläne und Karten haben nicht nur dem Sprachforscher, sondern vor allem der Allgemeinheit zu dienen. Utopie der sprachreinen Karte und Notwendigkeit gemischte Nomenklatur, jedoch mit differenzierter Abgrenzung Schriftsprache und Mundart. Details
1947 Vernehmlassung Weisungen 1948 durch EJPD
Der Vermessungsdirektor sendet den Vermessungsaufsichtsbeamten der deutschsprachigen Kantone den Entwurf der Weisungen zu Schreibweise der Lokalnamen bei Grundbuchvermessungen. Stellungnahme bis 20. September 1947. Ausserordentliche Sitzung der Konferenz der Eidgen. und kantonalen Vermessungsaufsichtsbeamten am 1. September 1947. (1947 wurden die Kantonsgeometer zur Begutachtung des Entwurfes begrüsst im Gegensatz zu 2006, wo der Entwurf zum Leitfaden Toponymie 2006 den Kantonsgeometern nur z.H. der Nomenklaturkommission zur Stellungnahme zugestellt wurde).
Anschliessend entbrannte in der Schweiz ein Streit zwischen Bund, Kantonen und Kartografen wie Angelo Garovi in seinem Referat «Die Weisungen von 1948:linguistisch-pragmatische Bemerkungen» vom 3.11.2006 anlässlich der Herbsttagung der Schweizerischen Gesellschaft für Kartografie SGK in Schaffhausen erläuterte.
Johannes Hubschmid, «Zur Schreibung der Ortsnamen in der deutschsprachigen Schweiz», Geographica Helvetica, II 1947 Heft 4.
J. Hubschmid ist linguistischer Berater der Eidgenössischen Landestopographie und vertritt eine sehr mundartliche Schreibweise
1948 Eduard Imhof, Mein Standpunkt in der Ortsnamenfrage
Eduard Imhof : «Mein Standpunkt in der Ortsnamenfrage» Geographica Helvetica, Jg 3, 1948
Siehe auch
- Rechtliches
- Grundsätze für die Schreibung von geografische Namen, Verordnung über geografische Namen (GeoNV)
- Weisungen 2011 als Nachfolgereglung Weisungen 1948
- Sprache und Kultur
- Geschichte
Weblinks
- Herbsttagung der Schweizerischen Gesellschaft für Kartografie in Schaffhausen, 3. November 2006
- Weisungen 1948 auf Lokalnamen.ch
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